Krimi der Woche-Verbrechen vor der Haustür
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Krimi der Woche-Verbrechen vor der Haustür
Ein entflohener Häftling wird im verschneiten Münsterland vermutet, wo prompt eine Leiche auftaucht. Und in Darmstadt muss die Polizei nach einer Massenkarambolage statt eines Unfalls einen Mordfall klären.
Stefan Holtkötter: Schneetreiben, Piper, 288 Seiten, 7,95 Euro
Es gibt dieses Phänomen, dass sich deutsche Regionalkrimis meist nur in der Region verkaufen, in der sie spielen. Sobald ein Buch aber im Ausland angesiedelt ist, bringt es der Buchhändler von Kiel bis Freiburg, von Jever bis München ans Publikum. Woran das liegt, darüber lässt sich viel spekulieren. Ist es der Reiz der Ferne, weil man sich in fremden Ländern einfach alles vorstellen kann, weil dort mehr Raum für Phantasie ist? Ist der Rest Deutschlands so mit Vorurteilen behaftet, dass man höchstens aus Lokalpatriotismus die so genannten Regionalkrimis kauft?
Aber warum sind dann die Eifelkrimis von Jacques Berndorf oder das Allgäuer Autorenduo Klüpfel und Kobr über die regionalen Grenzen hinaus so erfolgreich? Und inwieweit spielt Stephen Kings Formel, dass der Horror am besten funktioniert, wenn er in die bekannte Alltagswelt einbricht, eine Rolle? Darüber ließe sich stundenlang diskutieren, ohne auf eine befriedigende, alles erklärende Antwort zu kommen. Fest aber steht, dass deutsche Krimis, ob nun regional ausgerichtet oder nicht, viel besser sind als ihr Ruf. Und dass sich das nun endlich herumgesprochen hat.
Gehen wir zuerst ins Münsterland. Das kennen wir gut, denn es gibt einen Münsteraner Tatort, und es gibt Wilsberg, sowohl im ZDF als auch in der Buchhandlung. Dann gibt es noch eine Menge mehr, und seit zwei Büchern auch Stefan Holtkötter. Der Autor stammt aus dem Münsterland, genauer gesagt von einem einsamen Bauernhof. Nun ist er von der kleinstmöglichen Siedlungsform in die größtmögliche deutsche Stadt gezogen, aber was er mitgenommen hat, ist die unnachahmliche Atmosphäre der Region, die er bereits in dem Vorgänger „Das Geheimnis von Vennhues“ gut wiedergab.
In „Schneetreiben“ verdichtet er die Atmosphäre und verbessert sich in vielerlei Hinsicht, auch sprachlich. Er bezieht sich auf die Katastrophe vor drei Jahren, die über das Münsterland hineinbrach: innerhalb weniger Stunden war alles zugeschneit. Die Höfe und Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten. Die Stromversorgung fiel aus. Ein Ereignis, das den Bewohnern noch lange im kollektiven Gedächtnis bleiben wird. Ein Krimiautor hätte sich kein besseres Szenario ausdenken können. Holtkötter nimmt es dankbar auf, lässt einen verurteilten Vergewaltiger und Frauenmörder aus dem Gefängnis ausbrechen und sich zu seiner Mutter in die Schneelandschaft durchschlagen. Lässt Hauptkommissar Hammbrock aus Münster in die Dörfer seiner Jugend zurückgehen, wo er prompt für die Dauer der Schneekatastrophe steckenbleibt. Lässt eine misshandelte Frauenleiche auftauchen. Und alle wissen: Der Mörder muss noch hier irgendwo sein, denn es gibt kein Entkommen.
In Darmstadt treibt derweil Michael Kibler sein Unwesen. Er ist zwar gebürtiger Heilbronner, liebt seine neue Heimat aber über alles und lässt die Südhessen in seinen nunmehr drei Darmstadtkrimis auch gerne mal ihren Dialekt ausleben, nebst anderen liebenswerten Eigenschaften. „Rosengrab“ beginnt mit einer tragischen Massenkarambolage auf der A5: Eine junge Frau ist auf die Fahrbahn gerannt. In selbstmörderischer Absicht? Wie sich herausstellt, wurde sie getrieben – jemand schoss auf sie. Kommissar Steffen Horndeich ist entsetzt: Er kennt das Opfer, sie ist die Sängerin seiner Lieblingsband.
Von FOCUS-Online-Autorin Henrike Heiland www.focus.de
Stefan Holtkötter: Schneetreiben, Piper, 288 Seiten, 7,95 Euro
Es gibt dieses Phänomen, dass sich deutsche Regionalkrimis meist nur in der Region verkaufen, in der sie spielen. Sobald ein Buch aber im Ausland angesiedelt ist, bringt es der Buchhändler von Kiel bis Freiburg, von Jever bis München ans Publikum. Woran das liegt, darüber lässt sich viel spekulieren. Ist es der Reiz der Ferne, weil man sich in fremden Ländern einfach alles vorstellen kann, weil dort mehr Raum für Phantasie ist? Ist der Rest Deutschlands so mit Vorurteilen behaftet, dass man höchstens aus Lokalpatriotismus die so genannten Regionalkrimis kauft?
Aber warum sind dann die Eifelkrimis von Jacques Berndorf oder das Allgäuer Autorenduo Klüpfel und Kobr über die regionalen Grenzen hinaus so erfolgreich? Und inwieweit spielt Stephen Kings Formel, dass der Horror am besten funktioniert, wenn er in die bekannte Alltagswelt einbricht, eine Rolle? Darüber ließe sich stundenlang diskutieren, ohne auf eine befriedigende, alles erklärende Antwort zu kommen. Fest aber steht, dass deutsche Krimis, ob nun regional ausgerichtet oder nicht, viel besser sind als ihr Ruf. Und dass sich das nun endlich herumgesprochen hat.
Gehen wir zuerst ins Münsterland. Das kennen wir gut, denn es gibt einen Münsteraner Tatort, und es gibt Wilsberg, sowohl im ZDF als auch in der Buchhandlung. Dann gibt es noch eine Menge mehr, und seit zwei Büchern auch Stefan Holtkötter. Der Autor stammt aus dem Münsterland, genauer gesagt von einem einsamen Bauernhof. Nun ist er von der kleinstmöglichen Siedlungsform in die größtmögliche deutsche Stadt gezogen, aber was er mitgenommen hat, ist die unnachahmliche Atmosphäre der Region, die er bereits in dem Vorgänger „Das Geheimnis von Vennhues“ gut wiedergab.
In „Schneetreiben“ verdichtet er die Atmosphäre und verbessert sich in vielerlei Hinsicht, auch sprachlich. Er bezieht sich auf die Katastrophe vor drei Jahren, die über das Münsterland hineinbrach: innerhalb weniger Stunden war alles zugeschneit. Die Höfe und Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten. Die Stromversorgung fiel aus. Ein Ereignis, das den Bewohnern noch lange im kollektiven Gedächtnis bleiben wird. Ein Krimiautor hätte sich kein besseres Szenario ausdenken können. Holtkötter nimmt es dankbar auf, lässt einen verurteilten Vergewaltiger und Frauenmörder aus dem Gefängnis ausbrechen und sich zu seiner Mutter in die Schneelandschaft durchschlagen. Lässt Hauptkommissar Hammbrock aus Münster in die Dörfer seiner Jugend zurückgehen, wo er prompt für die Dauer der Schneekatastrophe steckenbleibt. Lässt eine misshandelte Frauenleiche auftauchen. Und alle wissen: Der Mörder muss noch hier irgendwo sein, denn es gibt kein Entkommen.
In Darmstadt treibt derweil Michael Kibler sein Unwesen. Er ist zwar gebürtiger Heilbronner, liebt seine neue Heimat aber über alles und lässt die Südhessen in seinen nunmehr drei Darmstadtkrimis auch gerne mal ihren Dialekt ausleben, nebst anderen liebenswerten Eigenschaften. „Rosengrab“ beginnt mit einer tragischen Massenkarambolage auf der A5: Eine junge Frau ist auf die Fahrbahn gerannt. In selbstmörderischer Absicht? Wie sich herausstellt, wurde sie getrieben – jemand schoss auf sie. Kommissar Steffen Horndeich ist entsetzt: Er kennt das Opfer, sie ist die Sängerin seiner Lieblingsband.
Von FOCUS-Online-Autorin Henrike Heiland www.focus.de
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