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„Zerstört“ - Tor zur Hölle

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„Zerstört“ - Tor zur Hölle Empty „Zerstört“ - Tor zur Hölle

Beitrag von sigi Fr Jul 31, 2009 9:27 pm

Raffiniert spinnt Autorin Karin Slaughter ihren sechsten Fall um die Gerichtsmedizinerin Sara Linton – und konstruiert einen rasanten Thriller über Gewalt und Drogen.



„Zerstört“ - Tor zur Hölle Hbvl9g10

Karin Slaughter, Zerstört, aus dem Amerikanischen von Klaus Berr, Blanvalet, 19,95 Euro.


Bereits die erste Szene hat es in sich: In einem Auto verbrennt eine Frau bei lebendigem Leib. Lena Adams, Lesern der Grant-County-Reihe als impulsiv handelnde, stets in Schwierigkeiten steckende, eigenwillige Polizistin bekannt, ist Zeugin dieses brutalen Mordes und wird von den Tätern verschont. Aber für den schlaksigen und unerfahrenen Sheriff Valentine ist sie die Hauptverdächtige und wird verhaftet. Doch Lenas Chef, Chief Inspector Jeffrey Tolliver, kann nicht glauben, was man ihr vorwirft, und eilt ihr ins Krankenhaus nach Reese zur Hilfe, einer unbedeutenden Kleinstadt in Georgia. Ihn begleitet seine Frau Sara, Gerichtsmedizinerin und Kinderärztin, ganz erleichtert, ein wenig räumlichen Abstand zu einem unangenehmen Kunstfehlerprozess zu bekommen.

Lena jedoch flieht, kaum dass Jeffrey und Sara mit ihr gesprochen haben. „Verschwindet von hier!“, legt sie Sara noch ans Herz, aber weder Sara noch Jeffrey folgen ihrer dringenden Bitte. Sie sind überzeugt, dass Lena in ernsthaften Schwierigkeiten steckt und etwas allein durchziehen will. Also setzen sie alles daran, sie zu finden. Das tut auch Sheriff Valentine, denn schließlich ist ihm ist seine Hauptverdächtige entkommen. Ein Wettlauf zwischen Valentine und Jeffrey beginnt, zwischen dem Grünschnabel mit Heimvorteil und dem Erfahrenen von auswärts – während Lena verzweifelt nach dem Grund für diesen grausamen Mord sucht, der irgendetwas mit ihrer Vergangenheit zu tun haben muss.

Dass Lena nicht zufällig nach Reese gekommen ist, wird Jeffrey schnell klar. Hier ist sie aufgewachsen, zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Sibyl, und hier verlebten die beiden eine nicht gerade glücklich zu bezeichnende Kindheit. Mutter Angela starb bei ihrer Geburt, ihr Vater wurde bereits vorher als Polizist im Dienst erschossen. Aufgezogen wurden die beiden von Onkel Hank, einem heruntergekommenen Junkie, der die kleine Sibyl anfuhr und somit auch noch schuld an ihrer Blindheit war. Reese, auch das wird rasch deutlich, ist alles andere als ein vertrauenerweckender Ort. Die Droge Methamphetamin, billig in Hinterhoflabors herzustellen und mit großem Gewinn zu verkaufen, hat die Stadt im Griff. Und die Dealer, allesamt aus dem Neonazi- und Hell’s-Angel-Lager, ziehen die Fäden. Da erzeugt ein junger, unerfahrener Sheriff wie Valentine beinahe schon Mitleidsgefühle. Schließlich hat sich sein Vorgänger aus der Stadt davongemacht, und er öffnet vor lauter Angst die Haustür nicht mehr ohne Gewehr.

In Großbritannien läuft das Buch unter dem Titel „Skin Privilege“, was bereits das Thema erahnen lässt. In der deutschen Übersetzung hat man sich für „Zerstört“ entschieden. Was auf einer anderen Ebene das Thema trifft: Zerstörte Beziehungen, kaputte Typen, hoffnungslose Menschen, verlorene Träume, heruntergekommene Motels, Drogen, Alkohol, Gewalt – Reese, dieser fiktive Ort, ist ein filziges Geflecht aus all dem. Die einzige Hoffnung, die kurzzeitig in dieser Hölle schimmert, ist die Beziehung zwischen Jeffrey und Sara. Ihre Liebe ist nicht zur Abhängigkeit pervertiert, ist nicht Tarnmäntelchen für Prügelei und grausame Spielchen. Sie planen eine Zukunft, sie wollen ein Kind adoptieren, sie sorgen sich umeinander. Rettet euch und verschwindet, will man – wie Lena – den beiden zurufen, doch wie viel wäre das Gute noch wert, wenn es den Kampf gegen das Böse so einfach aufgäbe?

„Zerstört“ ist eine dichte, rasant erzählte, komplexe Geschichte mit Charakteren, die von ihren persönlichen Traumata geprägt und getrieben werden. An vielen Stellen möchte man sich dagegen wehren, in diesen Sumpf aus Gewalt, Lüge und Grausamkeit hineingezogen zu werden. Doch die Intensität und Dringlichkeit der Handlung lässt einen nicht los.

Gewalt verkommt bei Karin Slaughter nicht zur unterhaltsamen Beigabe, wird auch nicht ästhetisiert, verharmlost oder erotisiert. Gewalt ist brutal, lebensverachtend, roh und voller Hass – und so zeigt sie Slaughter. Gewalt regiert die dunkle Seite, die Schattenseite des Lebens. Es gehört ein ganzes Stück Mut – oder Verzweiflung dazu, um sich in diese Hölle zu begeben und darüber zu schreiben.
Vielleicht sind Slaughters Bücher auch deshalb so erfolgreich, weil sie uns nach der Lektüre das Helle in unserem Leben wieder erkennen lassen. Von FOCUS-Online-Autorin Manuela Martini www.focus.de
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