Oktoberfest München 2009 Rückblick

Munteres Dirndl-Trio: Moderatorin Miriam Wimmer (von links nach rechts), Model Regina Deutinger und die Sopranistin Aline Lettow



Gestickt und gerüscht: junge Frauen in Dirndln

Jedes Jahr ist Wiesn, dann schunkeln Stars und Sternchen miteinander. Wer sich die Fotos davon ansieht, entdeckt: Es spielen immer die gleichen Personen mit.

Es ist ein untrügliches Zeichen, dass Münchens fünfte Jahreszeit – das Oktoberfest – begonnen hat, wenn Schlagersänger Roberto Blanco sich den Trachtenanzug anlegt. Dann kann es auch nicht mehr lange dauern, bis die von den Medien gerne als Werbe-Ikone bezeichnete Verona Pooth im Dunst der Promizelte Käfer oder Hippodrom auftaucht. Im engsten Dirndl mit dem tiefsten Ausschnitt – natürlich. Und spätestens, wenn der selbst ernannte König von Mallorca – Jürgen Drews – sich an den Busen seiner sehr blonden Frau Ramona schmeißt, dann ahnt so mancher, dass die Wiesn nicht nur ein Vergnügen sein kann.



Wenn sich Giulia Siegel angesichts von Kameras sofort in sexy Pose wirft und Ex-Tennisstar Boris Becker seine jeweils aktuelle Liebe bzw. seine neue Ehefrau im zünftigen Outfit zur VIP-Box geleitet, dann sind hier echte PR-Profis in eigener Sache unterwegs. Sogenannte Rampensäue, die genau wissen, dass jedes Bild in den Zeitungen, im Internet oder TV den Marktwert erhöht. Und die Wiesn ist dafür die allerbeste Bühne, denn kein anderes Event (Charity, Preisverleihungen) ist derart zweckfrei und hat nur eine Aufgabe: kollektiver Bierkonsum, Massenschunkeln und Gruppenflirt. Ein bisschen Exhibitionismus zum eigenen geldwerten Vorteil fällt da nicht mehr ins Gewicht.

Das muss der Grund sein, warum sich überreife Schauspielerinnen in enge Mieder quetschen und ihre Brüste hochzurren, Schlagersänger mit lichtem Haupthaar Maßkrüge stemmen und fremde Blondinen abbusseln. Überhaupt, wer genau hinsieht, wird bemerken: Die Wiesn, zumindest was die Prominenz betrifft, ist überwiegend – vom alljährlichen Aufmarsch der Bayern-Stars abgesehen – eine Angelegenheit für ältere Semester: ein gehobener Senioren-Stammtisch mit Heino, Vicky Leandros, Fritz und Elmar Wepper, nicht zu vergessen die unverwüstliche Uschi Glas. Auch die oft als Mietwagen-Lady betitelte Regine Sixt zählt zu dieser Riege.



Kein Oktoberfest ohne Regine – und wer sie dabei beobachtet, staunt, wie geschickt sie sich oder ihr Produkt verkauft. Sie winkt von der Kutsche, sie posiert auf der Bank, sie lacht für die Fotografen. Für Sixt war die Wiesn bis vor wenigen Jahren eine wunderbare Werbefläche. Alljährlich lud und lädt sie noch zur Damen-Wiesn. Davor gab es einen Fototermin vor dem Zelt und mit einem Mietwagen diskret im Hintergrund. Das allerdings fand der Veranstalter des Oktoberfests – das Tourismusamt München – doch zu viel des Guten und untersagte 2006 die allzu dreiste Werbung. Frau Sixt schmollte und konzentriert sich seitdem etwas diskreter auf ihre Damen- und vor allem Kinder-Wiesn, einem Charity-Event, das sie seit 2000 zusammen mit dem Hippodrom-Wirt Sepp Krätz veranstaltet. Wie heißt es so schön: Tu Gutes und sprich darüber … auch das ist Marketing.



Etwas muss man allerdings den Beckers, Blancos und Drews dieser Republik zollen: tiefen Respekt vor so viel Professionalität. Denn Selbstreklame auf dem Oktoberfest verlangt mehr, als nur die Pseudo-Sepplhose anzuziehen und das Gute-Laune-Gesicht aufzusetzen. Absolute Schmerzfreiheit in Sachen Peinlichkeit ist vonnöten. Und das überstehen nur Profis ohne Schaden an Leib und vor allem Seele. Zum Glück aber wird auf der Wiesn Peinlichkeit nicht bestraft, sondern nur belächelt – dem vielen Bier sei Dank! www.focus.de