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Leben zwischen Moped und Nudelsuppe

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Beitrag von sigi So Dez 16, 2007 6:52 pm

Saigon strotzt nur so vor Leben. Auf den Straßen herrscht Verkehrschaos, auf den Märkten blüht der Handel und jeder lebt den Geist des Fortschritts auf seine Art.
„Hello“, rufen die Leute freundlich den Besuchern zu. Aus jedem Haus ein Lächeln, ein Gruß, ein Winken. Sie sitzen auf kleinen Stühlen, schaukeln in der Hängematte, lassen sich rasieren, reparieren Mopeds, kochen Pho, die typisch vietnamesische Nudelsuppe, oder handeln. „Der Handel macht die Menschen glücklich, jedes Haus ist ein Shop“, sagt David Bellman. Als der Kanadier 1995 als Englischlehrer nach Saigon, offiziell Ho Chi Minh City genannt, kam, war davon kaum etwas zu spüren. „Wie ein Exot“ habe er sich gefühlt, erzählt der 38-Jährige, aber schon damals seien die Neugier und Gastfreundschaft der Menschen groß gewesen. Davon profitieren auch heute die über 3,5 Millionen Touristen, die die ehemalige französische Kolonie allein im Jahr 2006 bereisten.
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„Doi Moi hat es möglich gemacht“, erklärt David. Er meint damit die Erneuerung des Wirtschaftssystems seit 1986. Aus der Kommandowirtschaft wurde ein Wirtschaftssystem mit stark marktwirtschaftlicher Prägung. Aus einem Land mit Hungersnot entwickelte sich eine der größten Exportnationen für Nahrungsmittel weltweit. Die Nummer zwei bei Kaffee und Reis und aufstrebend bei Pfeffer, Tee, Cashewnüssen, Meeresfrüchten, Fisch und Kautschuk. „Hier spricht oder klagt keiner über Politik“, sagt David, „Hauptsache es gibt keine Hindernisse.“
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Ein Englischlehrer wird Unternehmer
Der Mann aus Montreal mischt kräftig mit beim Wachstum. David unterrichtet kein Englisch mehr, er spricht jetzt fließend Vietnamesisch und berät die Menschen in der Landwirtschaft – hier arbeiten immerhin noch 60 Prozent der Bevölkerung. Vor ein paar Jahren gründete er mit Linh, seiner vietnamesischen Frau, eine Food Company und beschäftigt mittlerweile 84 Mitarbeiter. „Alle sind hoch motiviert, sehr lernwillig und ehrgeizig“, erzählt der Unternehmer. Vor allemFischereiprodukte seien inzwischen zu einer der wichtigsten Säulen von Vietnams Exportwirtschaft geworden. „Anders als beim Reisanbau lässt sich hier das Zehnfache verdienen“, weiß David. Er mag die Menschen seiner Wahlheimat und ist froh, dass jeder vom Aufschwung profitiert– „selbst die Ärmsten“. Er schätzt ihre Bereitschaft zum Risiko und weiß, dass sie „jede Schwierigkeit bewältigen“.

Das beweist auch der Blick auf Saigons Straßen eindrucksvoll: Da rauschen die mehr als 2,5 Millionen motorisierten Zweiräder pausenlos durch die Straßen der 6-Millionen-Metropole. Grundregel Nummer eins: niemals stoppen; das unterbricht den Verkehrsfluss. Regel Nummer zwei: hupen, was das Zeug hält. Manche haben beim Fahren besonderes Talent. Nicht selten werden Türen, Fenster, Schränke, sperriges Baumaterial auf den kleinen Flitzern transportiert – und selbst bei diesen waghalsigen Fahrten darf eine gewisse Eleganz nicht fehlen. Unsichtbar, dafür aber deutlich zu riechen ist der Gestank, den die Schar der Motorisierten tagtäglich produziert. Die meisten wappnen sich mit Mundschutz gegen die Abgase.

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Verkehrschaos und Designerläden
Bei den Frauen hat die Vermummung noch einen anderen Grund: „Eine Art Phobie, ihre Haut soll weiß bleiben, so will es das Schönheitsideal“, klärt David auf. Der Verkehr ist eine tickende Zeitbombe, und eine Lösung ist nicht in Sicht. „Wir leben einfach damit. Das Moped ist Ausdruck des neuen Lebensgefühls.“ Was für den Touristen ein faszinierendes Schauspiel ist, dürfte spätestens in ein paar Jahren zu einem Kollaps führen. Erste Maßnahmen versprechen wenig Änderung: Wer mit dem Bus fährt, bekommt von der Stadtverwaltung die Hälfte des Ticketpreises erstattet. Aber trotzdem fährt man lieber zu viert oder fünft auf der kleinen Honda und ist mit dabei im Zentrum des unendlichen Fahrrausches. Auch die Pläne für eine U-Bahnlinie liegen mangels finanzieller Mittel weiter in der Schublade.

Das alte Saigon lebt in seinen Straßen weiter. Auf der einstigen Flaniermeile Dong Khoi laden seit den 90er-Jahren Bars, Restaurants, teure Designerläden und Cafés zum Bummel ein. In den Gassen um den Ben-Thanh-Markt zeugen abblätternde Fassaden der Kolonialhäuser vom französischen Erbe. Wie zum Beispiel Nôtre Dame, die backsteinrote Kathedrale mit ihren 40 Meter hohen Türmen. Gegenüber liegt das alte Postamt aus dem späten 19. Jahrhundert mit seinen Buntglasfenstern und gusseisernen Gittern und Geländern, im Innern stoßen Besucher auf zwei riesige historische Landkarten, die über den schmucken Telefonkabinen hängen – ein Hauch Europa weht durch die weite Halle.

Terrassen mit Nostalgiefaktor
Auch das gelbe Rathaus, Hôtel de Ville, zeugt inmitten der rasenden Mopeds vom einstigen architektonischen Glanz Saigons. Davor thront auf einem begrünten Platz Ho Chi Minh, der Staatsgründer, in einer besonders gütigen Pose – beliebte Fotokulisse für frisch getraute Paare. Auf der Dachterrasse des Hotel Rex genießt man die laue Abendluft, eine sanfte Brise schickt der nahe Saigon herüber. Früher traf man sich auch auf der Terrasse des nahen Hotel Continental. Einst versammelte sich an diesem Ort die ausländische Gesellschaft zum Cocktail, später tauschten Kriegsreporter aus dem Westen Gerüchte aus. Graham Greene setzte der Terrasse in seinem Roman „Der stille Amerikaner“ ein literarisches Denkmal. Heute aber hat sie nur noch Nostalgiewert, denn das Leben der Stadtbewohner spielt sich im Hier und Jetzt ab. Von FOCUS-Online-Autor Markus Howest
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Beitrag von sigi Sa März 07, 2009 11:07 pm

Tja, um das Umblättern zu ersparen setzen wir einfach manche Threads nach vorne wieder....
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