Sigis Info Forum....the best of *NEWS*
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Fußball ist Volksverblödung

Nach unten

Fußball ist Volksverblödung Empty Fußball ist Volksverblödung

Beitrag von sigi Sa Jun 07, 2008 12:10 pm

Während der EURO dürfen Menschen patriotisch sein. Ein Grund zur Sorge? Oder lächerlich? Auf einer Kunsthallen-Tagung wurde diskutiert.

Das deutsche Pendant zu Edi Finger, der bei der Weltmeisterschaft 1978 die berühmten Worte "I wer' narrisch" beim "Wunder von Cordoba" ausstieß, heißt Herbert Zimmermann. Er kommentierte 1954 das WM-Finale der Deutschen gegen Ungarn: "Rahn müsste schießen – Rahn schießt – Tor! Tor! Tor! Tor!"

Nicht nur Zimmermann stand nach diesem 3:2-Siegtreffer Kopf, ganz Deutschland war aus dem Häuschen. "Der neue Staat der Bundesrepublik Deutschland erlebte sein erstes Erwachen aus der Nachkriegsdepression", analysierte Martin Schwarz, Redakteur des Hessischen Rundfunks, auf seiner 2002 erschienen CD-Reportage "Fußball-WM – Die großen Reportagen 1954-1998".

Ob der deutsche Staat nur neun Jahre nach Auschwitz das Recht hat, sich aus einer "Nachkriegsdepression" zu erheben bzw. inwiefern das "Wunder von Bern" in gesellschaftspolitischer oder wirtschaftlicher Hinsicht wirklich als Wunder bezeichnet werden kann oder darf, war am Freitag u.a. Thema der Tagung "Mehr als ein Spiel. Der Fußball und seine Geschichten" im Wiener Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK). Eingebettet war das ganztägige, für die Öffentlichkeit zugängliche Meeting in die "Project Space"-Veranstaltungen der Kunsthalle unter dem Titel "Games. Kunst und Politik der Spiele", die bis zum 6. Juli stattfinden.
Volksverblödung


Bevor jedoch ernsthaft die vom deutschen Publizisten Jürgen Wertheimer aufgeworfene Frage diskutiert wurde, ob Deutschland die Kriegsschuld im Verlauf der letzten 40 Jahre überhaupt aufgearbeitet hat, lauschte das Publikum den Ausführungen des Historikers Andreas Hafer. Er referierte über die Anstrengungen von Hugo Meisl, in den 20er- und 30er-Jahren mit Fußball Geld zu verdienen. In diesem Sinne setzte sich der Wiener Ökonom jüdischer Herkunft, seines Zeichens ÖFB- und FIFA-Funktionär, maßgeblich für den (Aus-)Bau von Stadien ein. Schließlich gab es damals noch keine Sponsoren, deshalb musste das Geld, mit dem die Spieler des österreichischen "Wunderteams" – das 1932 den Gewinn der Europameisterschaft feierte – bezahlt wurden, durch Zuschauer lukriert werden. Und damit möglichst viele Menschen zu den Spielen kommen konnten, mussten die Wettbewerbe attraktiv sein – aus diesem Grund "erfand" Meisl die Europameisterschaft.

Die Veranstalter der WM 2006 in Deutschland hatten rund 70 Jahre später bekanntlich keine Probleme mehr damit, Begeisterung zu entfachen. Nach dem 4:1-Auftaktsieg der Deutschen gegen Costa Rica verwandelte sich das Nachbarland in ein "schwarz-rot-geiles" (Bild-Zeitung) Fahnen-Meer, brave Versicherungskaufmänner und Bankkauffrauen gaben sich in knappen und extravaganten Kostümen in aller Öffentlichkeit der Extase hin und selbst Politiker waren gegen die Euphorie-Welle nicht gewappnet: Unvergessen das Bild einer jubelnden Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Tribüne, die bei der Siegerehrung dem deutschen Trainer Jürgen Klinsmann um den Hals fiel.

Vor diesem Hintergrund stellten die IFK-Tagungsteilnehmer die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Massentaumels. Wie ist der entstehende Patriotismus zu bewerten, der in den kommenden drei EURO-Wochen auf Österreich zukommt? Grenzt dieses als längst überwundenes Nationalgefühl nicht schon an Nationalismus? An Faschismus? Oder machen sich die in den Fanzonen feiernden Menschen einfach nur lächerlich? Denn wie kann jemand in unserer von Vernunft geleiteten Gesellschaft Gefühle für ein Ereignis entwickeln, das ihn eigentlich gar nicht betrifft? Warum jubeln Fans, warum weinen sie, wo beginnt der Identifikationsprozess, ist diese Heldenverehrung nicht absurd?

Als Antwort auf all diese Fragen fiel schlussendlich der Begriff "Katharsis": Das Volk benutzt Fußball, um bei den Europa- und Weltmeisterschaften alle zwei Jahre Stress abzubauen.
www.kurier.at
sigi
sigi
Admin
Admin

Männlich
Anzahl der Beiträge : 5465
Alter : 64
Ort : Gratkorn
Arbeit/Hobbies : ja..eh alles...
Laune : wechselhaft
Anmeldedatum : 21.10.07

http://www.realhp.de/members/siegfried

Nach oben Nach unten

Nach oben


 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten