Das offizielle Spiel zu den Spielen: Vancouver 2010

Nach dem Abgang von Hermann "Herminator" Maier und weiterer arrivierter Rennläufer hat das erfolgsverwöhnte österreichische Ski-Team in dieser Saison einige herbe Rückschläge einstecken müssen. Rechtzeitig vor den Olympischen Winterspielen in Kanada scheint der Abwärtstrend allerdings durchbrochen. Ob es zur Medaille reicht, bleibt abzuwarten. Zumindest virtuell stehen die Chancen jedoch nicht schlecht, liefert Sega mit "Vancouver 2010" doch die offizielle digitale Umsetzung zu den Spielen.






Nach dem schmucklos gehaltenen Start geht es direkt zur Auswahl der Disziplinen. Insgesamt 14 stehen zur Auswahl – wenig, wenn man bedenkt, dass Mario und Sonic es in ihrer Variante der Olympiade auf immerhin 20 Bewerbe gebracht haben.
Bei den Alpinbewerben stehen die Abfahrt der Herren, Super-G der Herren, Riesenslalom der Damen sowie der Slalom der Damen zur Auswahl. Im Rahmen der Abfahrt geht es zum ersten Mal auf die Piste. Die hochauflösende Grafik weiß zu beeindrucken. Lediglich die Texturen der Werbebanner auf den Streckenbegrenzungen wirken wenig einladend.
Die frei wählbare Einführung in die Steuerung gibt einen ersten Einblick in die Komplexität der Umsetzung. Diese richtet sich demnach eindeutig an Gelegenheitsspieler oder Einsteiger: Links, rechts, ein Button für engere Kurven plus einen für die Hocke sowie den Start reichen aus. Im Vergleich zur kostenlos verfügbaren "Ski-Challenge", die ein wesentlich realistischeres Fahrverhalten bietet, fällt "Vancouver 2010" stark ab. Einzig in punkto Präsentation ist der kommerzielle Titel überlegen. So ist etwa der einsetzende Tunnelblick bei hohen Geschwindigkeiten ein nettes Feature.
Da sich die anderen Alpinbewerbe ähnlich spielen, wird zum Snowboard gewechselt, obgleich die klassische Halfpipe-Disziplin leider fehlt. Dem Snowboard-Cross und dem Riesenslalom der Männer stehen die Damenbewerbe des Freestyle Skiing in Form des Cross-Bewerbes und des Sprungbewerbs gegenüber. Letzterer bildet die rühmliche Ausnahme, da er sich zumindest geringfügig anders spielt





Soviel Schnee hängt einem früher oder später jedoch zum Hals hinaus, weshalb es weiter in den Eiskanal geht, wo Rennrodel, Skeleton und der Zweierbob bestiegen werden dürfen. Mit einem Höllentempo brettert man den Eiskanal hinunter. Der anfängliche Enthusiasmus weicht allerdings recht schnell einer gewissen Langeweile.



Deshalb wird kurzerhand die Eisfläche gewechselt. Die Short-Track Bewerbe - 500m und 1500m der Damen - stehen auf dem Programm. Dort trifft man sie wieder, die selige Erinnerung an alte Zeiten - darf doch auf die Buttons gehämmert werden bis der Daumen qualmt. Die 1500m erweisen sich dabei als ziemliche Tortur für Mensch und Material.
Zur Erholung bleibt jedoch keine Zeit, da die letzte Disziplin noch bewältigt werden muss. Das Skispringen auf der Großschanze bildet einen würdigen Abschluss und macht auch ziemlichen Spaß. Danach ist leider schon Schluss.



Einige Fragen bleiben somit offen: Wo sind die Bewerbe, die sonst weniger Beachtung finden, wie Curling oder Eiskunstlauf, die aber den Reiz einer Olympiade mit ausmachen? Auch Klassiker wie Langlauf oder Biathlon blieben auf der Strecke. Wieso alle Disziplinen nicht wahlweise mit einem weiblichen oder männlichen Athleten absolviert werden können, bleibt ein weiteres ungelöstes Rätsel.





Ebenfalls vergeblich gesucht wird die spezielle Atmosphäre, die die Spiele erst so faszinierend macht. Diese einzufangen wäre eine der wesentlichen Aufgaben gewesen, leider wurde dies jedoch komplett vernachlässigt. Die nüchterne Präsentation vermittelt überhaupt nichts vom Flair einer Olympiade. Dabei hat es "Winter Games" bereits erfolgreich vorgemacht und Eröffnungsfeier, Schlussfeier sowie Siegerehrungen, einschließlich des Abspielens der Hymnen, als atmosphärisches Element eingebaut.







Fazit: "Vancouver 2010" scheitert vor allem an seiner nüchternen Umsetzung. Die Olympischen Spiele sind nun mal nicht die Hundertste Weltcup-Veranstaltung, sondern ein weltweites, ganz spezielles Ereignis. Diese Atmosphäre einzufangen, ist den Entwicklern nicht gelungen. Dazu kommt die relativ dürftige Anzahl an Bewerben, wobei ein starkes Gewicht auf die alpinen Disziplinen gelegt wurde. Über die einfache Steuerung und den moderaten Schwierigkeitsgrad lässt sich diskutieren, da ein Massenpublikum angesprochen werden soll. Wer auf einen realistischen Bezug verzichten kann, wird mit "Mario und Sonic bei den Olympischen Winterspielen" jedoch deutlich mehr Spaß haben.
Plattform: Xbox 360 (getestet), PS3, PC
Publisher: Sega
krone.at-Wertung: 6/10
von Harald Kaplan www.krone.at