Wo Diesel auf Bäumen wächst

Ein Farmer aus Australien destilliert sich seinen Sprit einfach selbst. Denn auf seiner Plantage mit dem Wunderbaum Copaifera langsdorfii tropft das Öl direkt von den Ästen.
Wenn Diesel rar wird, will Mike Jubow sich seinen Sprit einfach selbst destillieren. Der 64-jährige Chef der „Nunyara Wholesale Forestry Nursery“ im australischen Mackay (North Queensland) bestellte in Brasilien 20 000 Samen des Tropenbaums Copaifera langsdorfii. Sind die erst zu stattlichen Bäumen gereift, könne er genug Öl abzapfen, um den Biodiesel sogar zu verkaufen, sagte Mike jetzt dem „Sydney Morning Herald“.

Das Geld wächst auf den Bäumen“, ist Jubow sich sicher. Denn das Dieselöl tropft literweise aus Copaifera langsdorfii. Jeder Baum liefert etwa 40 Liter Diesel im Jahr. Der findige Baumschulenbesitzer muss es nur auffangen und filtern – und schon kann er es in den Tank seines Traktors kippen. Ein einziger Hektar Anbaufläche genüge, recherchierte der Pflanzenkenner, um den Jahresbedarf einer ganzen Farm zu decken. Jeder Hektar soll, nach Jubows Planung, rund 12 000 Liter Biosprit abwerfen.

Recherche über den Wunderbaum

Gehört hatte Mike Jubow von dem Wunderbaum über einen Kollegen. Das war vor 14 Jahren. Jetzt erinnerte er sich wieder daran und machte sich an die Recherche über Copaifera langsdorfii. Drei Jahre brauchte er, um sich die Samen in Brasilien zu besorgen. 1000 Setzlinge pflanzte er pro Hektar. Nach drei Jahren fällte er die Hälfte, damit die anderen groß und mächtig wuchsen. Etwa sechs Jahre später lichtet er den Wald noch einmal. Rund 350 der stärksten Gewächse blieben am Ende übrig. Copaifera langsdorfii kann bis knapp 20 Meter in die Höhe wachsen.

Leider muss die Ernte relativ zeitnah verbraucht werden. Lagerfähig ist der Biodiesel laut Jubow schlecht. „Erstaunlicherweise aber“, sagt Jubow, „kann ich mit dem Diesel gut Geld verdienen. Außerdem macht es mich von den Ölgesellschaften unabhängig.“ Selbst, wenn sich das Öl durch zu lange Lagerung eindickte und für den Tank nicht mehr taugt, ist es noch lukrativ. Copaifera Öl gilt als Grundstoff für Alternativmedizin. In den USA zahlen Pharmafirmen dafür etwa 100 Dollar pro Liter.

Ideal für den Familienbetrieb

„Zum Glück“, erzählte Jubow dem Lokalreporter des „Morning Herald“, „bin ich noch jung genug.“ Die erste richtige Ernte nämlich kann er voraussichtlich erst in 15 bis 20 Jahren einbringen. Damit sind die Bäume nach Ansicht des experimentierfreudigen Gärtners ideal geeignet für Familienbetriebe: „Sie sind ein Investment in die Generation, die uns in 30 oder 50 Jahren beerben wird.“
Im feuchten Klima von Queensland ist der Tropenbaum aus Brasilien derweil nicht nur für die Enkel ein lohnendes Geschäft. Jubow baute mittlerweile einen florierenden Handel mit Setzlingen auf, die er in seiner Nursery züchtet. „Vergangene Saison habe ich bereits 20 000 verkauft“, bilanziert er.
Dünne Datenlage schürt Neugier

Auch das Department of Primary Industries (DPI) in Queensland rief bereits bei dem Gärtner an. Die Wissenschaftler sind neugierig geworden auf Copaifera langsdorfii. Denn die Datenlage über die Pflanze ist offenbar relativ dünn. „Und schließlich wollen die Farmer ja wissen, wie sie die Kultur pflegen müssen“, sagt Jubow, „da kann ich ihnen jetzt mit meinem Know-how helfen.“
Die Zucht der Tropenbäume ist nicht einfach, meint Jubow. „Aber es macht auf alle Fälle Sinn“, ist der Australier überzeugt, „schließlich ist der Baum eine Quelle erneuerbarer Energie.“ Zudem liefert Copaifera langsdorfii ein wertvolles Holz, das die Züchter gut an Schreiner verkaufen könnten. Auch bei dieser Anwendung schützt der Baum das Klima. Er hält das beim Wachstum mittels Photosynthese gespeicherte Kohlendioxid aus der Atmosphäre in seiner Biomasse gespeichert. Von FOCUS-Online-Autor Gerd Pfitzenmaier - focus.de