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Krimi der Woche-Mordende Freaks aus der Geisterbahn

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Krimi der Woche-Mordende Freaks aus der Geisterbahn Empty Krimi der Woche-Mordende Freaks aus der Geisterbahn

Beitrag von sigi Mo Apr 28, 2008 7:12 pm

Jonathan Barnes´ fantasievoller Debütroman „Das Albtraumreich des Edward Moon“ mutet an wie ein literarischer Amoklauf.
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Jonathan Barnes, Das Albtraumreich des Edward Moon, Piper Verlag, 399 Seiten, 19,90 Euro

Wer einen Krimi reinsten Wassers sucht, bei dem Idee, Plot und Figurenzeichnung sich innerhalb der gängigen Klischees, des säuberlich vermessenen und abgesteckten Areals des Genres bewegen, der wird hier nicht fündig. Dieses „Albtraumreich“ ist anders.

Es gibt zwar eine geheimnisvolle Mordserie im viktorianischen London, es gibt den charismatischen Ermittler, es gibt den allgegenwärtigen Adlatus, in diesem Fall ein stummer, golemgleicher Hüne, der sich vermittels Kreidetafel verständlich macht und auf den beinahe wörtlich zu nehmenden Namen „Der Schlafwandler“ hört. All das klingt kriminalistisch. Und es klingt auch skurril. Aber Achtung! Es klingt noch bei Weitem nicht so skurril wie das, was sich auf den knapp 400 Seiten des Buches tatsächlich ereignet.

Teuflische Verbrechen im finsteren London
„Dieser Roman ist ein grässliches Konvolut von Unsinnigkeiten, bevölkert von wenig überzeugenden Charakteren, geschrieben in öder Prosa, oft genug lächerlich und durchweg bizarr. Sie werden kein Wort glauben, und doch ist alles wahr!“ Wer von einem Erzähler dergestalt begrüßt wird, der wird neugierig. Und der lässt sich auch gern hineinziehen in die albtraumhaften Geschehnisse im finsteren London des Jahres 1901, und der ist einem Amok laufenden Autor namens Jonathan Barnes schon längst auf den Leim gegangen.

In einem alten Wasserturm im verrufensten Viertel der Stadt wähnt sich das erste Opfer des Serienmörders bereits am Ziel seiner Träume: Der dicke Mann ist bereits splitternackt und bereit für das ausufernde Liebesspiel mit einer verführerischen Prostituierten, als er feststellen muss, dass er in eine teuflische Falle geraten ist: Sein Körper wird wenig später zerschmettert zwischen den langen Schatten am Fuße des Turmes gefunden.

Bizarres Panoptikum der Nachtgestalten
Jetzt tritt, um Hilfe gerufen von Inspector Merryweather vom Yard, Edward Moon auf den Plan. Moon ist Bühnenzauberer und löst neben dieser Tätigkeit, die er in seinem kleinen Privattheater ausübt, leidenschaftlich gerne Kriminalfälle. Sein überragender Verstand hat ihn bereits 60 Fälle erfolgreich abschließen lassen. War es bei seinem literarischen Kollegen aus der Baker Street das Kokain, das in Stunden der Trübnis für Zerstreuung sorgte, so ist es bei Moon der Besuch in einem Bordell voller missgebildeter Freudenmädchen. Moon und der Schlafwandler, ein Zerrbild des Gespanns Holmes und Watson, stürzen sich in die Ermittlungen und stoßen schon bald auf den nächsten Toten.

Die Tatumstände deuten darauf hin, dass derselbe Täter am Werk war. Und das, was die Indizien erzählen, trägt nicht eben zur Beruhigung der Ermittler bei: Es scheint sich um einen Fliegenmenschen zu handeln, um eine der vielen zwielichtigen Figuren aus Jonathan Barnes’ bizarrem Panoptikum von Zirkusleuten, Freaks und Nachtgestalten. Mit dem Autor sind in seinem Debüt die Pferde durchgegangen. Zum Glück, möchte man sagen, denn das macht das Buch zur wilden Fahrt durch eine Geisterbahn. Die Suche nach dem unheimlichen Mörder kulminiert schließlich in der Aufdeckung eines unfassbaren Komplotts, dem ganz London zum Opfer fallen soll.

Man kann den Erfindungsreichtum des Jonathan Barnes nicht genug loben. Den Moloch an der Themse, den er in seinem Erstlingswerk erschaffen hat, beschreibt er wie ein literarischer Altmeister. Und doch darf man den Finger in die Wunde legen, die sich im letzten Teil der Geschichte auftut. Die fantastischen Elemente nehmen überhand, der Schluss ist beinahe schon unbefriedigend. Dies sind Dinge, die der gewöhnliche Krimileser nicht vergeben kann. Ich plädiere dennoch für Milde, denn diesem Debüt ist zu entnehmen, dass in einem Autor wie Barnes noch viele Geschichten schlummern. Es wird mir ein Vergnügen sein, seinen weiteren literarischen Werdegang zu verfolgen.
Von FOCUS-Online-Autor Ralf Kramp
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