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Fährfahrt in die Hölle

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Beitrag von sigi Sa Okt 24, 2009 7:30 am

Beängstigende Psychofälle und ein kurioses Ermittlerpaar: Mit viel Gespür fürs Genre hat sich der Däne Jussi Adler-Olsen mit „Erbarmen“ an die Spitze der europäischen Kriminalliteratur geschrieben.


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Jussi Adler-Olsen, Erbarmen, dtv, 420 Seiten, 14,90 Euro
Eine Frau verschwindet. Einfach so. Am helllichten Tag auf einer Fähre von Dänemark nach Deutschland. Sie ist eine berühmte Politikerin. Der Star einer der aufstrebenden dänischen Parteien. Hoffnungsträgerin eines ganzen Landes. Sie ist jung, schön, erfolgreich. Wird bewundert, begehrt und auch beneidet. Viele fürchten, dass ihre blitzsaubere Karriere der eigenen gefährlich werden könnte. Aber wer hasst sie so, dass er sie beseitigen will? Und was genau ist passiert auf dieser Fähre ins Unglück?

Es ist ein Rätsel, das der dänische Thriller-Autor Jussi Adler-Olsen in seinem Bestseller „Erbarmen“ seinen Lesern stellt. Aber dieses Rätsel löst er gleich wieder auf. Merete Lynggaard ist nicht ums Leben gekommen, damals auf dem Schiff. Nicht ins Meer gestürzt. Nicht gesprungen. Nicht von ihrem geistig behinderten Bruder gestoßen worden, mit dem sie sich kurz vor ihrem Verschwinden heftig gestritten hatte. Merete wird gefangen gehalten, seit Jahren nun schon. Vom Schiff weg ist sie verschleppt worden. Ihre Entführer haben sie in eine perfide konstruierte Folterkammer geworfen und ergötzen sich an ihrem Leid.

Der Luftdruck in dieser hermetisch abgeschlossenen Zelle lässt sich verändern, und Meretes Peiniger erhöhen ihn mit jedem Jahr der Gefangenschaft um ein Bar. Seit fünf Jahren sitzt Merete nun schon in dieser kahlen, kalten Höllenkammer. Sie bekommt nur verdorbenes Essen, keine frische Kleidung, keine Medikamente. Sie bekommt nur immer wieder die eine Frage gestellt: Warum, Merete, halten wir dich fest? Sie weiß es nicht.

Auch ihr Todesurteil hat sie schon erhalten. Sie kennt das Datum, an dem ihre Entführer die Druckkammer öffnen werden. Ihr Körper werde durch den plötzlichen Druckabfall buchstäblich explodieren, sagt ihr die kalte Stimme durch die Sprechanlage. Sie werde innerlich zerrissen. Ein Tod, wie er schmerzhafter, grausamer, fürchterlicher nicht sein kann. Der Plan eines Wahnsinnigen.

Das Datum des angekündigten Todes rückt näher. Nur noch wenige Wochen bleiben Merete. Die Menschen draußen, die sie bewunderten, haben Merete inzwischen beinahe vergessen. In der dänischen Politik ziehen längst andere die Fäden. Dass sie noch am Leben sein könnte, hält niemand für möglich. Ihr Bruder ist der einzige Angehörige. Seit einem Unfall ist er schwer behindert, sprechen kann er nicht. Die Familie war damals mit dem Auto unterwegs, Merete, ihr Bruder, die beiden Eltern. Weil die Kinder auf der Rückbank herumalberten, war der Vater einen Augenblick lang unaufmerksam. Auf der eisglatten Fahrbahn kam ihr Wagen ins Rutschen und prallte gegen ein anderes Fahrzeug. Auch in dem saß eine Familie. Die beiden Wagen überschlugen sich, gingen in Flammen auf. Fünf Menschen starben – und die Überlebenden wurden schwer verletzt. Zumindest an der Seele.

Eher zufällig wird noch einmal nach Merete gesucht. Die dänische Polizei soll ein Sonderdezernat gründen, eine Abteilung, die sich mit ungelösten Fällen befasst. Es ist der perfekte Versorgungsposten für einen, den man sowieso loswerden wollte, für den alt gedienten Ermittler Carl Mørck. Er stellt einen kuriosen Assistenten ein: Assad aus Syrien, der eigentlich die Büroräume putzen und Kaffee kochen soll, aber schnell zum Antreiber in dieser Einheit der Antihelden wird. Weil man ja nun nicht den ganzen Tag nur rumsitzen und am Computer spielen kann, nimmt Carl tatsächlich irgendwann einen Fall in Angriff, Meretes Fall. Und er kommt – mit tatkräftiger Hilfe seines Putzmannes – den Entführern tatsächlich auf die Spur.

2007 ist Adler-Olsens Roman in Dänemark erschienen – er hat seinen Autor direkt in die erste Garde der skandinavischen Thriller-Autoren katapultiert. Inzwischen ist Adler-Olsen einer der erfolgreichsten Autoren Dänemarks, der zweite Roman um Carl Mørck, Assad und ihr merkwürdiges „Sonderdezernat Q“ ist bereits erschienen und wurde auch zum Bestseller. Als klassische Krimis sieht er seine Bücher allerdings nicht. „Es sind eher psychologische Thriller“, sagt er. Ihn interessiert nicht die Suche nach dem Täter, sondern der Grund für eine Tat. Insofern ähneln seine Romane tatsächlich denen Stieg Larssons, mit dem er jetzt häufig verglichen wird. Und so wird auch in „Erbarmen“ irgendwann schrecklich klar, warum Merete Lynggaard entführt wurde, wofür der Täter sich rächen will.

Ein Interesse an verrutschen Geisteszuständen hat Adler-Olsen schon als Kind entwickelt. Sein Vater arbeitete als Arzt in einer psychiatrischen Klinik. „Ich bin mit den Patienten quasi aufgewachsen“, sagt Adler-Olsen. Und auch sein Schwager ist Psychiater, er leitet eine Klinik, in der die Psychopathen Dänemarks behandelt und vor allem beaufsichtigt werden. „Diese Menschen sind wirklich furchterregend“, sagt Adler-Olsen. „Sie alle haben beängstigende Lebensgeschichten hinter sich.“ Der Stoff für sein „Sonderdezernat Q“ dürfte ihm also nicht so schnell ausgehen – auf zehn Folgen hat er die Reihe deshalb auch angelegt, mindestens. Von FOCUS-Redakteur Jobst-Ulrich Brand www.focus.de
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