Rosskastanie: Arzneipflanze des Jahres 2008

Kinder lieben es, ihre glänzenden Samen zu sammeln, Tiere erfreuen sich daran als Nahrungsquelle. Aufgrund ihrer guten Wirksamkeit bei chronischen Venenleiden und ihrer interessanten Geschichte als Heilpflanze, wählte der Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ die Rosskastanie zur Arzneipflanze des Jahres 2008. Der Studienkreis der Universität Würzburg, bestehend aus Medizinhistorikern, Ärzten, Apothekern und Pharmazeutischen Biologen, kürt seit 1999 die Arzneipflanze des Jahres.

Neue Vitalität für die Venen
Botanisch heißt sie „Aesculus hippocastanum“ – die Weißblütige oder Gewöhnliche Rosskastanie. Für die Arzneimittelherstellung ist der Inhaltsstoff „Aescin“ bedeutsam. Er wirkt bei Venenschwäche, medizinisch als chronische Veneninsuffizienz bezeichnet, und ihren Symptomen wie Schweregefühl, Schmerzen, Schwellungen und Juckreiz in den Beinen sowie nächtlichen Wadenkrämpfen. Der Rosskastanien-Extrakt dichtet geschädigte Gefäßwände ab, folglich kann weniger Flüssigkeit aus den Venen in das umliegende Gewebe treten und Wasseransammlungen in den Beinen gehen zurück. In Kombination mit weiteren, in der Rosskastanie enthaltenen Substanzen, wie Flavonoiden, Cumarinen und Gerbstoffen wirkt Aescin außerdem venenstärkend und entzündungshemmend. Die Wirkstoffe kommen daher vor allem in Produkten zur Vitalisierung der Beine zum Einsatz. Die bekannte Kräuterexpertin Eva Aschenbrenner empfiehlt darüber hinaus bei stumpfen Verletzungen, Durchblutungsstörungen, Muskelkrämpfen und Rheuma die Anwendung einer Rosskastanien-Tinktur aus den Blüten des baumes. Weiterhin helfen die Gerbstoffe in der Rinde der Rosskastanie bei Durchfall und Beschwerden durch Hämorrhoiden, Blätter und Blüten werden auch als Tee genutzt.

Geschichte als Nutz- und Heilpflanze
Die Rosskastanie ist bei uns vor allem als Schattenspender in Biergärten bekannt und beliebt – und das hat seinen Grund. Da sie nur flache Wurzeln bildet, wurde sie früher bevorzugt über Bierkellern gepflanzt. So war sie keine Gefahr für die Kellergewölbe und sorgte mit ihrer mächtigen Krone und den großen Blättern zudem für Feuchtigkeit und Kühlung, die gut für die Reifung und Lagerung des Bieres waren. In Westeuropa ist der Baum, der schätzungsweise rund 300 Jahre alt werden kann, erst seit etwa 450 Jahren wieder beheimatet. Zuvor in ganz Europa verbreitet, zog sie sich in der letzten Eiszeit in die Mittelgebirge Griechenlands, Mazedoniens und Albaniens zurück, wo sie überleben konnte. Durch die Feldzüge der Osmanen, die Kastanien als Pferdefutter und Tiermedizin mit sich führten, kam sie dann wieder nach Westeuropa. In den Büchern der Kräuterheilkunde ist sie seit Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt und wurde schnell fester Bestandteil der Menschen- und Tierheilkunde.