Fargo" lässt grüßen: So cool ist der neue Coen-Film

In Larry Gopniks Leben geht plötzlich alles schief: Seine Frau zieht im eigenen Haus mit ihrem Liebhaber zusammen, seine Karriere gerät durch anonyme Briefe ins Wanken, einer seiner Schüler versucht ihn mehr oder weniger subtil zu erpressen. Die Oscar-prämierten Regiebrüder Joel und Ethan Coen haben ihren jüngsten Film "A Serious Man" in ein konservatives jüdisches Milieu der späten 60er-Jahre in Minneapolis platziert - und mit ihrem lakonischen Humor wie einst bei "Fargo" voll ins Schwarze getroffen.






Es ist eine Rückkehr zu den Wurzeln, die die Coens hier praktizieren, in den Mittleren Westen, in die Zeit ihrer Kindheit, in die grotesken und mit reichlich Galgenhumor gespickten Erzählformen ihrer früheren Tragikomödien. "Obwohl Larry Gopnik eine erfundene Figur ist, basiert er auf einigen Menschen, die wir kannten, als wir aufwuchsen", so Joel Coen. Und tatsächlich spiegelt dieser Physikprofessor einen Mann wider, dessen auf biorhythmisches Gleichgewicht und Beständigkeit ausgerichteten Charakter man nur allzu gut zu kennen scheint.
Larry (großartig gespielt vom Theaterschauspieler Michael Stuhlbarg) gerät selten richtig in Rage, auch wenn sein Sohn Danny kurz vor der "Bar-Mizwa" nur Drogen im Kopf hat, seine Tochter Sarah einzig auf eine teure Nasen-OP aus ist und seine Frau Judith die Scheidung will. War nicht bisher eigentlich alles so gut gelaufen in seinem Leben? Doch jetzt erfüllt Trübsal das trostlose Leben im schmucken Vorort-Einfamilienhaus, spechtelt er beim Richten der Antenne zur nackten Frau im Nachbargarten und hofft auf eine Audienz beim Rabbi.



Stuhlbarg für Golden Globe nominiert
Er wolle doch nur ein ernstzunehmender Mann sein, sagt Larry im Film immer wieder. Doch auch wenn sich die Sachen gewissermaßen wieder einrenken, dräut im famosen Schlussbild doch schon der nächste, viel größere Sturm am Himmel. Hauptdarsteller Stuhlbarg, der für seine Vorstellung auch für einen Golden Globe nominiert war, ist voll und ganz in seiner Rolle aufgegangen - und schaut sich quasi "selbst ungläubig dabei zu, wie seine Existenz den Bach runtergeht", wie es in einer Kritik hieß.





A Serious Man" war auch der grandiose Abschlussfilm der vergangenen Viennale, als Intendant Hans Hurch nicht garantieren wollte, dass man nun einen lustigen Film sehen werde. "Aber Sie werden sehen, was ich für einen lustigen Film halte." Tatsächlich ist die den Film durchströmende Lakonie wohl nicht jedermanns Geschmack, nichtsdestotrotz ist den Coens eine vielschichtige, tiefgehende und witzige Tragikomödie - besetzt mit unbekannten Theater- und teils lokalen Laien-Darstellern - gelungen.



Das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film: Mit einer bitterbösen, erfrischend philosophischen Charakter- und Milieustudie setzen die Regie-Genie-Brüder Joel und Ethan Coen, die diesmal mit ihrer eigenen jüdischen Herkunft kokettieren, ihre Erfolgsgeschichte fort, und sie warten einmal mehr mit köstlichem Dialogwitz, beißendem Spott und grotesker Situationskomik auf. Ein brillantes No-Name-Ensemble unterhält auf höchstem Niveau. www.krone.at