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Krimi der Woche-Menschenfleisch und Paranoia

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Beitrag von sigi Fr Jun 20, 2008 7:33 pm

Ross Thomas erzählt seinen Roman „Teufels Küche“ so glänzend, dass er sich nicht nur als Politthriller lesen lässt, sondern auch als Gute-Laune-Literatur.

Ross Thomas: Teufels Küche, Alexander Verlag, 356 Seiten, 12,90 Euro (broschiert)


Draper Haere ist politischer Strippenzieher und Geldbeschaffer. Wer in der US-Politik etwas werden will, nimmt seine Dienste in Anspruch. Als ihm ein Freund Informationen anbietet, die den derzeitigen Präsidenten und dessen Partei gründlich diskreditieren könnten, verkauft Haere seine Dienste umgehend dem Gouverneur von Kalifornien, der nun gute Aussichten hat, nächster Präsident zu werden. Doch bevor Haere Details über den Skandal erfahren kann, wird sein Freund ermordet, und falsche FBI-Agenten setzen nicht nur Haere unter Druck, sondern auch den Gouverneur, der daraufhin seinen Auftrag zurücknimmt.

Haere lässt die Sache nicht auf sich beruhen. Er heuert den ehemaligen Starreporter Morgan Citron an, der gerade ein Jahr im Kerker des zentralafrikanischen Kaisers Bokassa überlebt hat und eigentlich seinen Beruf an den Nagel hängen wollte. Um gemeinsam das dunkle Geheimnis zu lüften, reisen sie nach Tucamondo, eine mittelamerikanische Bananenrepublik, in der gerade ein von den USA unterstützter Diktator gegen Aufständische kämpft. Kein Wunder, dass Haere und Citron hier in „Teufels Küche“ geraten – so der Titel des genial ausgedachten und glänzend erzählten Politthrillers von Ross Thomas.

Feuerwerk skurriler Ideen
Der Roman ist ausgesprochene Gute-Laune-Literatur. Er brennt ein Feuerwerk skurriler Ideen ab und führt seine Figuren in herrlich absurde Situationen. Zugleich ist „Teufels Küche“ ein spannendes und düsteres, weil wahrhaftiges Buch – also eine höchst unterhaltsame Kombination von Noir und Humor.

Thomas präsentiert Politik als schmutziges Geschäft und treibt den Grad der Verschmutzung in immer neuen Wendungen auf die Spitze, ohne jedoch die Glaubwürdigkeit seiner Story preiszugeben. Die falschen FBI-Beamten erweisen sich als echte CIA-Agenten auf Abwegen. Am Komplott, das Haere und Citron aufdecken, sind zudem nicht nur Politiker in Tucamondo und den USA beteiligt, auch die Chefredakteurin eines Skandalblatts, ein Kokaindealer und sogar eine Hollywood-Schauspielerin haben ihre Finger im undurchsichtigen Spiel. Jeder will seinen Schnitt machen, einig sind sich die Verschwörer nur in einem Ziel: Haere und Citron müssen zum Schweigen gebracht werden.
Ein Beispiel für den schwarzen Humor des Buchs: Wo immer Citron auftaucht, wird er gefragt, ob Bokassa, der ihn gefangen hielt, tatsächlich Kannibale gewesen sei. Dabei hatte Citron den Kerker selbst nur überlebt, weil er den Wächter bestach, um ab und zu Fleisch höchst ungewisser Herkunft essen zu können, süß, zäh und faserig. „Das kann nur Affe sein“, hatte der Wächter erklärt. Im Original heißt Thomas’ Roman übrigens „Missionary Stew“, Missionars-Eintopf.

Nach 25 Jahren immer noch topaktuell
Das Buch wurde bereits 1983 veröffentlicht, wirkt aber an keiner Stelle abgenutzt oder verstaubt. Im Gegenteil: Gerade in Zeiten, da US-Geheimdienste Leute aus Europa entführen und in die Kerker von Guantanamo verschleppen, da sich die westliche Welt im Krieg gegen den Terror wähnt und sich das von den Taliban befreite Afghanistan wieder zum Heroinlieferanten Nummer eins mausert, behält die Handlung ihre grimmige Aktualität. An einer Stelle sagt Draper Haere, der Wahlkampforganisator: „Früher habe ich mal geglaubt, wir bräuchten einen brillanten Präsidenten, doch dann begriff ich, wenn jemand, der brillant ist, trotzdem Präsident werden will, dann müssten bei ihm wahrscheinlich ein paar Schrauben locker sein.“

Der Berliner Alexander-Verlag ist dafür zu loben, dass er das Werk des vor 13 Jahren verstorbenen Amerikaners Ross Thomas in neuer Bearbeitung und sorgfältiger Übersetzung (Laf Überland) der deutschsprachigen Leserschaft wieder zugänglich macht. „Teufels Küche“, der fünfte von 25 Bänden, macht große Lust auf das, was noch kommen wird. Nämlich Geschichten, die nach dem Motto gesponnen sind, das Morgan Citron ausgibt, wenn er auf die Frage seines Auftraggebers Draper Haere, was er bis jetzt habe, erwidert: „Eine Antwort, vielleicht auch zwei, ein paar Fragen, ein gewisses Maß an Paranoia und eine Idee.“ Von FOCUS-Online-Autor Horst Eckert www.focus.de
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