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Krimi der Woche-Menschenverächter und Ökoterroristen

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Beitrag von sigi Fr Feb 15, 2008 11:52 am

Wer Michael Crichton mag, wird Jean-Christophe Rufin lieben: „100 Stunden“ schildert einen Konflikt aus dem Katalog der ganz großen Fragen – mit größtmöglicher Spannung.

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100 Stunden, Jean-Christophe Rufin, S. Fischer, 560 Seiten, 19,90 Euro

Ein Forschungslabor in Breslau. Jennifer geht methodisch vor: Erst öffnet sie die Käfige und befreit die Katzen, Ratten und Affen, dann nimmt sie die Sprühdose und schreibt „Respect Animal Rights!“ auf die Wand. Und zum Schluss zerschlägt sie sämtliche Laborproben – bis auf eine. Jennifer ist glücklich. Sie hat etwas für die Welt getan.

Paul Matisse ist keiner von denen, die gleich die ganze Welt retten wollen – er begnügt sich mit ein paar Menschen: Mit vier anderen Ärzten hat er eine hochmoderne Klinik gegründet, in der bedürftige Leute kostenlos behandelt werden. Die Klinik braucht Geld. Ein möglicher Sponsor macht Paul Matisse ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann: Es ist sein ehemaliger Chef bei der CIA, der sich mit einer eigenen Agentur selbstständig gemacht hat. Paul nimmt trotz zehnjähriger Abstinenz von der Agententätigkeit den Job an. Er soll den Anschlag auf das Forschungslabor in Breslau aufklären, verübt von Ökoterroristen, die die britische Regierung mittlerweile mindestens so fürchtet wie islamistische Fanatiker.

Kriminalroman mit politischer Botschaft?
Bis er und seine alte Liebe und Partnerin Kerry auf Jennifer treffen und die Gruppe, die ihr den Auftrag für Breslau erteilt hat, vergehen viele spannende Seiten. Man mag das Buch kaum aus der Hand legen. Und das ist gar nicht selbstverständlich. Denn Jean-Christophe Rufin hat eine Botschaft. Nichts gegen einen Kriminalroman mit Anliegen – Krimis mit bloßer Lust an Grausamkeit sind ohne Tiefe. Aber die meisten Kriminalromane mit politischer Botschaft scheitern am Missbrauch des Genres zu pädagogischen Zwecken. Rufin aber gelingt es vorzüglich, die Aufklärung über das Menschenverachtende einiger Spielarten des Ökoterrorismus mit Spannung zu verknüpfen und das zu schaffen, was wir an guten Krimis so lieben: dass sie uns außer dem mitreißenden Plot einen Mehrwert bieten. Wir sind hinterher klüger als zuvor.
Dafür ist Jean-Christophe Rufin der richtige Mann. Er war nicht nur Vizepräsident der „Ärzte ohne Grenzen“ und Staatssekretär im französischen Verteidigungsministerium, er gewann auch 2001 den Prix Goncourt. Wissen, Politik und Literatur schließen einander nicht notwendigerweise aus – womit auch den Übersetzerinnen Brigitte Große und Claudia Steinitz gedankt sei. Heute ist Rufin übrigens französischer Botschafter im Senegal.

Krieg den Armen?
Und deshalb folgt man den Protagonisten gern nach Südafrika und Polen, nach Nordamerika und Afrika, auf den Spuren Jennifers und eines charismatischen Naturfreunds und Menschenverächters. Am Schluss entdecken Paul und Kerry eine wissenschaftliche Schule und ihre menschenfeindliche Lehre, derzufolge man nicht die Armut, sondern die Armen bekämpfen müsse.

Das Buch wirft ungemütliche Fragen auf, und die hallen nach. Die einen wollen die Welt retten, die anderen die Menschen. Und es gibt Leute, die der Meinung sind, das eine sei nur ohne das andere zu haben. Fragt sich nur, wie in jedem guten Krimi und im Leben: Wer bestimmt darüber?

Von FOCUS-Online-Autorin Anne Chaplet
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