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Tiroler Bergdrama mit galligem Humor

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Tiroler Bergdrama mit galligem Humor Empty Tiroler Bergdrama mit galligem Humor

Beitrag von Admin Do Aug 07, 2008 7:06 am

Der Kreuziger ist tot. Man hat ihn im Wald gefunden, eine Axt im gespaltenen Schädel. Die einzig adäquate Mordmethode für ein Szenario wie dieses, möchte man meinen.


Tiroler Bergdrama mit galligem Humor Hbhbk210
Peter Oberdorfer: Kreuzigers Tod, 272 Seiten, dtv, 8,95 Euro



Das findet offenbar auch der Heimatmaler Mannlechner, der neben dem Toten hockt und das Tableau rasch auf dem Skizzenblock manifestiert. Die alte Mühlbacherin hat die Leiche gefunden und alarmiert sofort die Polizei im Dorf. Dort vernimmt man die Kunde nur unwirsch, denn man ist gerade mit dem staatstragenden Akt des Kaufs einer Wurstsemmel beschäftigt.

Der liebenswert behäbige Dorfpolizist als Ich-Erzähler und sein diabolischer Gehilfe mit dem Kindergesicht sind unnachahmlich komisch, erinnern an die braven, weinseligen Geschichten des Alfred Komarek und zugleich an den abgründigen Humor des Wolf Haas, und sind doch originell und neu.

Die beiden Beamten ermitteln sich artig durch den überschaubaren Kreis der Verdächtigen, hören alte Geschichten und jungen Kummer und nehmen sich dabei ausreichend Zeit für oftmals überaus verquere Alltagsphilosophie. Dass sie dabei nur auf dem Spielbrett gelenkt und an den Strippen geführt werden von der kalt agierenden übergeordneten Behörde, merken sie spätestens, als uniformierte Trupps den Wald bevölkern, um einen Täter zu stellen, der es nicht gewesen ist.

Kantige Charaktere, verschlagene Blicke
Die karge Abgeschiedenheit der Bergwelt hat schon so manchen Autor gereizt, gelten doch hoch oben, näher am Himmel, andere Gesetze als im Rest des Landes. Dünn besiedelt mit kantigen Charakteren scheinen die Höhenzüge den Ordnungshütern die Aufgabe, der staatlichen Gewalt den nötigen Raum zu verschaffen, besonders sauer machen zu wollen. Es gibt genügend Genrebeispiele dafür in der Kriminalliteratur. Und hier ist ein neues, leuchtendes. Eines, das sich anschickt, den Leser in ein finsteres Provinzdrama zu entführen, in eine ganghofersche Welt der zerfurchten Gesichter, der verkniffenen Münder und der verschlagenen Blicke. Und doch ist hier etwas anders.

In die 70er-Jahre hat Peter Oberdorfer seine Debütgeschichte verlegt. Nicht, dass man davon etwas Spezifisches verspüren könnte, denn das Szenario, so glaubt der gemeine Flachländer, das kann sich in den letzten drei Jahrzehnten ja wohl kaum markant verschoben haben. Nein, einen rein kalkulatorischen Grund muss es gehabt haben. Einen, der mit der langen Vorgeschichte der Untat des Mordes am anscheinend unbescholtenen Postbeamten Kreuziger zu tun hat.

Eine durchweg finstere Geschichte hätte es werden können, die Peter Oberdorfer da ersonnen hat. Da ist die vom versoffenen Dorfpfarrer kolportierte Beichte, da ist der entsprechend schnell gefundene Täter, ein haltloser Jugendlicher, Mitglied eines aufmüpfigen Clans, da sind verfeindete Familien – all das ist Tiroler Bergdrama pur. Aber immer dann, wenn man nicht damit rechnet, schlägt die Handlung plötzlich einen unverhofften Haken, da wird es brutal und komisch zugleich, da überrascht Oberdorfer durch aberwitzige Einfälle und galligen Humor. Und das ist etwas, was diesen Roman in seiner Mischung einzigartig macht. Zum wunderbaren Debüt eines Autors, dem der Erfindungsreichtum so rasch nicht ausgehen möge und von dem wir noch einiges erwarten. Von FOCUS-Online-Autor Ralf Kramp www.focus.de
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